PEER – GALAKTIKA _ LP/ MC

PEER sind also wieder da. Auf der Bühne, bald beim Plattenhändler, auf YouTube mit der neuen Single „Destroyer“, im Kopfhörer in der U-Bahn und in den Herzen all derer, die nicht aufhören können, das Schlechte zu erkennen und an das Gute zu glauben. Über drei Jahre nach dem so liebevollen wie kämpferischen Debüt-Album „Wir sind Peer“ mit dem viralen Hit „Schutzraum“ (den das Intro kürzlich in ihre Liste der „50 Hits, die du noch nie gehört hast“ aufnahm) veröffentlicht sie nun ihr zweite LP. 10 fantastische Songs, kleinteilig und hochdynamisch produziert von dem befreundeten Sven van Thom.

Textlich beschreiben PEER die Verstrickungen des gar nicht so eigenen Lebens mit der (Arbeits-)Welt, so präzise wie poetisch wie kaum eine andere Band. Schon zum ersten Album schrieb die taz: „PEER spielen da nicht nur ein paar Hits runter, sie haben auch die Parolen, die eine Zeit auf einen einzelnen Satz bringen.” Auf „Galaktika“ heißt es in dem Opener „Drop D“: „Ich lese meine Kontoauszüge / als Dokumentation meines Lebens“. Die Erkenntnis der Verhältnisse durch Selbstbeobachtung ist eine außergewöhnliche Gabe des Texters Peer Göbel.

In „Newton“ wird mit Buzzwords und Fetzen von Zeitgeschichte nur so um sich geworfen, wie einst in Billy Joels „We Didn’t Start the Fire“. Das banale wie furchtbare Weltgeschehen rauscht unerbittlich vorbei. Was bleibt, ist eine physikalische Konstante. „Die Erde dreht sich unter uns, wir fallen trotzdem nicht runter“. Danke, Newton. Die bittersüße Retrospektive auf einen romantischen Herbstnachmittag in „Pferderennen“ überrascht mit himmlischem Chorgesang, und „1000 Höhenmeter“ erzählt von einer abenteuerlichen Urlaubsreise. Einer „Zwischenzeit“ im wörtlichsten Sinne, in der Leichtigkeit, Mut und Freiheit erlebbar sind, wo Gefahren lauern und die Elemente toben. Eine Hymne an die besonderen Momente und das Fernweh ohne jeglichen Selbstfindungsquark.

Im düster-trotzigem Titelstück „Galaktika“ und im beschwingten „Diese Fragen“ geht es dann wieder um die zentralen Themen im PEER-Kosmos. Wie umgehen mit den persönlichen Anforderungen (die eben auch eine kollektive Überforderung sind) durch die Lebenszusammenhänge, mit den ganzen Kompromissen und der Erkenntnis, nicht mehr ganz jung zu sein. Peer Göbel singt dazu: „Wir brauchen etwas, worauf wir uns freuen können“ und „Wir werden nicht aufhören, diese Fragen zu stellen, ob wir wirklich dahin wollen, wohin wir gerade gehen.“ Es sind mehr Feststellungen als Lösungen, mehr Gewissheiten als Aufforderungen, in denen die Antworten vielleicht schon drinstecken. Leben ohne Resignation bleibt schwierig, aber möglich. Mit „Auf hoher See“ gelingt PEER nichts weniger als ein Schlaflied für die gehetzte Generation Party&Praktikum, der auch auf einer Beerdigung nicht fehl am Platz wäre. Ein zeitloser Song, der trotzdem zum Weitermachen ermutigt: „Wer niemals aufbricht, kommt nirgendwo an“.

PEER sind immer noch das schiefe Lächeln, der scharfe Blick, die zärtlich Geste und die kleine erhobene Faust. Wie gut ist es, dass es sie gibt.

Das Album “Galaktika” erscheint am 2. Mai auf Sitzer/In Gute Hände/Broken Silence/CARGO.

(Text: Benjamin Walter)

Die LP gibt es hier.
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